Die Stadt Wien im Spiegel der Literatur - séduction Magazin Österreich
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Die Stadt Wien im Spiegel der Literatur

Von Redaktion 14. Feber 2024
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Die Stadt Wien mit ihrer reichen Geschichte, prächtigen Architektur und kulturellen Vielfalt hat über die Jahrhunderte hinweg zahlreiche Schriftsteller und Schriftstellerinnen inspiriert. In diesem Kontext wird Wien nicht nur zu einer geografischen Kulisse, sondern entfaltet sich im Spiegel der Literatur. Die literarischen Werke verleihen Wiens kultureller Seele eine unverwechselbare Prägung und spiegeln die tiefen Verbindungen zwischen der Stadt und der Literatur wider.

Arthur Schnitzler: Lieutnant Gustl (1900) und Traumnovelle (1925)

Einer der bedeutendsten österreichische Schriftsteller des späten 19. und frühen 20. Jahrhundert war Arthur Schnitzler, der selbst in der Stadt lebte. Entsprechend ließ er das Kolorit der Stadt immer wieder in sein literarisches Schaffen einfließen. Die Novelle „Lieutenant Gustl“ reflektiert das bürgerliche Milieu Wiens um die Jahrhundertwende. In Form eines ununterbrochenen inneren Monologs (eine literarische Neuerung zu dieser Zeit) lässt Schnitzler die Leser und Leserinnen in die Gedankenwelt des Offiziers Gustl eintauchen, der nach einem Opernbesuch durch das nächtliche Wien spaziert. Schnitzler porträtiert dabei die neurotische und zerrissene Psyche des Protagonisten.

In „Traumnovelle“, die 1999 mit Nicole Kidman und Tom Cruise in den Hauptrollen als „Eyes wide Shut“ verfilmt wurde, entführt Schnitzler die Leser und Leserinnen in die geheimnisvollen Seiten Wiens. Die Geschichte folgt einem Ehepaar, das in die Welt von Lust, Verlangen und dunklen Geheimnissen eintaucht. Die Handlung spielt in den aristokratischen Kreisen der Stadt und stellt eine kritische Betrachtung der bürgerlichen Moral und der gesellschaftlichen Konventionen dar. Schnitzlers Werke sind nicht nur Meisterwerke der Literatur, sondern auch kulturelle Spiegelbilder des damaligen Wiens, die die sozialen Strukturen und psychologischen Nuancen der Stadt einfangen.

Felix Dörrmann: Jazz (1925)

Felix Dörrmanns „Jazz“ stellt eine fesselnde Darstellung der gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklungen in Wien nach dem Ersten Weltkrieg dar. Die Erzählung einer adeligen Offizierstochter, die zwischen Armut und Aufstieg schwankt, reflektiert die rasante Atmosphäre der Roaring Twenties. Felix Dörmanns Werk ermöglicht es Parallelen zur heutigen Zeit zu ziehen, indem es Themen wie Lebensgier, Exzesse und ökonomische Turbulenzen anspricht. „Jazz“ wird als ein literarisches Zeugnis für eine Ära betrachtet, das sowohl historisch als auch in seiner thematischen Vielschichtigkeit aktuell bleibt.

Joseph Roth: Radetzkymarsch (1932)

Der österreichische Schriftsteller Joseph Roth hinterließ mit seinem Werk „Radetzkymarsch“ einen bedeutenden literarischen Beitrag, der eng mit Wien verbunden ist. Der Roman erzählt die Geschichte der Familie Trotta und spannt einen Bogen über mehrere Generationen während des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Das pulsierende Wien spielt eine zentrale Rolle in diesem Werk, und Roth fängt die Atmosphäre der Stadt in einer Zeit des Umbruchs und des politischen Wandels meisterhaft ein.

„Radetzkymarsch“ reflektiert nicht nur die Pracht und den Niedergang der Habsburgermonarchie, sondern zeichnet auch ein eindringliches Bild der Wiener Gesellschaft. Durch die Schicksale der Charaktere wirft Roth einen kritischen Blick auf die Veränderungen und Herausforderungen, mit denen Wien und das gesamte Reich konfrontiert waren. Das Werk gilt als ein eindrucksvolles literarisches Denkmal für die glanzvolle Vergangenheit Wiens und reflektiert die Melancholie und den Verlust, die mit dem Untergang der Habsburgermonarchie einhergingen.

Graham Greene: Der dritte Mann (1949)

Der Brite Graham Greene schuf mit „Der Dritte Mann“ ein bedeutendes Werk, das tief mit der Stadt Wien verbunden ist. Der Roman wurde 1949 veröffentlicht und von Carol Reed zu einem gleichnamigen Film adaptiert. Die Handlung entfaltet sich im vom Zweiten Weltkrieg gezeichneten Nachkriegs-Wien, das durch die Besatzungsmächte aufgeteilt ist. Der Protagonist reist nach Wien, um seinen alten Freund Harry Lime zu treffen, doch er entdeckt eine Stadt voller Geheimnisse und Intrigen.

Wien fungiert hier als düsterer Hintergrund für die Geschichte, wobei die von Spionage und Verrat durchzogene Atmosphäre eine zentrale Rolle spielen. „Der Dritte Mann“ fängt die einzigartige Stimmung der Nachkriegszeit in Wien ein und wird oft als ein Schlüsselwerk betrachtet, das die Darstellung der Stadt in der Literatur geprägt hat.

Heimito von Doderer: Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre (1951)

Heimito von Doderer hinterließ mit seinem bedeutenden Werk „Die Strudlhofstiege oder Melzer und die Tiefe der Jahre“ ein Meisterwerk der epischen Literatur. Das titelgebende Strudlhofstiegenhaus in Wien fungiert dabei als Mikrokosmos, in dem sich eine Vielzahl von Charakteren unterschiedlichster Hintergründe und Schicksale begegnen. Doderers detailreiches Porträt von Menschen aus verschiedenen sozialen Klassen, gepaart mit einer meisterhaften Sprache und einer präzisen Darstellung von Wien, macht den Roman zu einem literarischen Monument der Stadt.

Robert Seethaler: Das Café ohne Namen (2023)

1966 in Wien geboren, präsentiert Robert Seethaler mit seinem Werk „Das Café ohne Namen“ eine fesselnde Erzählung, die eng mit der Stadt verknüpft ist. Der Roman entführt die Leser in das Wien der 1960er und -70er Jahre. Die Hauptfigur, ein ehemaliger Marktarbeiter, erwirbt das Gebäude eines alten Cafés in der Nähe des Karmelitermarkts. Das namenlose Café wird zum zentralen Schauplatz, an dem Menschen aus dem Viertel zusammenkommen und ihre Geschichten teilen. Seethaler zeichnet ein lebendiges Bild von Wien, indem er die Veränderungen der Stadt und die individuellen Schicksale der Charaktere einfängt. „Das Café ohne Namen“ wird somit nicht nur zu einem literarischen Spiegelbild der Stadt, sondern auch zu einem eindringlichen Porträt menschlicher Sehnsüchte. Mit feinfühliger aber präziser Prosa schafft Seethaler ein Werk, das die Leser in die Atmosphäre und das Lebensgefühl der Zeit eintauchen lässt.